Ich habe kürzlich meine genetische Herkunft in den Homo Sapiens Familien bestimmen lassen. Seitdem weiß ich, dass ich über das Y- Chromosom, also über die männliche Vererbungslinie, der sogenannten Haplogruppe R1b angehöre. So erfuhr ich von der Wanderung, die meine Vorfahren in Jahrtausenden vollzogen haben und wo – heute noch – die meisten Menschen mit ähnlicher Abstammung wie ich leben, nämlich in Wales, Irland und Akquitanien, also der französischen Atlantikküste bis Spanien.
Meine Vorfahren stammen aus Afrika. Das ist noch wenig verwunderlich. Aber nachdem sie dort 150.000 Jahre lebten, begannen sie zu wandern. Ursache war vermutlich ein Klimawandel. Vor etwa 50.000 Jahren nach Ende der ersten Eiszeit wurde es in den Gebiet des heutigen Äthiopiens, Kenias, Tansanias feuchter. Aus der Wüste wurde Savanne und zunehmend mehr Tiere bevölkerten die Gegend. Die Tiere wanderten gen Norden und die Menschen folgten ihnen. Etwa zu dieser Zeit entstand auch eine differenzierte Sprache und die Verwendung von praktikablem Werkzeug ist belegt.
Einer der nächsten männlichen Vertreter „meiner Familie“ wurde vermutlich im mittleren Osten geboren. Gearbeitet wurde nicht nur mit Steinwerkzeug sondern auch mit Gegenständen aus Elfenbein oder Holz. Vor 40.000 Jahren kam es dann in Afrika erneut zu einer Dürre, aus Grasland wurde wieder Wüste und meinen Vorfahren war sozusagen der Rückweg abgeschnitten. Also wanderten sie weiter nach Norden und folgten den Herden in das Gebiet des heutigen Iran und in die eurasische Steppe nach Russland und West-Sibirien.
10.000 Jahre schlug man sich in einer eher unwirtlichen Gegend herum und erlernte allerlei Kulturtechniken wie die Entwicklung transportabler Behausungen, nutzte Waffen aus Knochen, ausgefeilte Jagdtechniken, Nadeln und Kleidung aus Tierhäuten. Vor 30.000 Jahren machte sich der Clan wieder auf, wahrscheinlich erneut den Herden folgend.
Hier teilte sich die R1 Gruppe in R1a, die eher eine nördliche Route nahm und dann in Ost- und Nordeuropa verblieb sowie eine südliche, die den Weg nach Frankreich, Spanien und zu den britischen Inseln fand: R1b
Die neuen Europäer entwickelten zunehmend mehr und ausgefeiltere Techniken und waren dadurch vermutlich dem Neandertaler, den sie dort trafen, überlegen. Zu den "Modernen" zählt auch der Cro-Magnon-Mensch, der die südfranzösische Höhlenmalerei herstellte. Die Cauchet- und die Altamira-Höhle und das sehr viel später entstandene Kulturdenkmal Stonehenge sind Zeichen ihres Wirkens. Ebenso sind die Bandkeramiken dem Wirken der eher grazil gebauten R1b-Menschen zu verdanken. Sie besiedelten bald ganz Westeuropa.
Es wird vermutet, dass die Population in der letzten Eiszeit etwa vor 10.000 Jahren die Entscheidung traf, sehr stark nach Süden, insbesondere nach Spanien, auch in die griechische Ägäis auszuweichen, weshalb man diese genetische Struktur auch im Baskenland sehr verbreitet findet. Nach Ende der Eiszeit gingen viele wieder nach Norden zurück.
Die gesamte Wanderungsbewegung hin nach Westeuropa hatte etwa 20.000 Jahre gedauert, mithin 800 bis 1000 Generationen. Verglichen mit der gesamten Menschheits- und erst recht mit der Erdgeschichte ein sehr kurzer Zeitraum. Die Vorfahren der Aboriginees Australiens wanderten hingegen entlang der warmen tropischen Küsten Irans, Indiens, Malaysias und Indonesiens. Sie brauchten nur 10.000 Jahre. Die südamerikanischen Indianern, die von den lebenswidrigeren Landschaften Sibirien über die vereiste Beringstrasse übersetzten, um dann die ganze amerikanische Westküste hinunter zu wandern, brauchten entsprechend 50.000 Jahre.
In Westeuropa wurden meine Vorfahren irgendwann sesshaft und begannen etwa vor 12.000 Jahren mit dem Ackerbau. Sehr viele Europäer haben so wie ich den genetischen Marker M173 (ein Charakteristikum von R1b), dessen Entstehung auf einen Zeitpunkt vor 30.000 Jahren datiert wird. Die endgültige Mutation zur Gestalt von R1b wird in seiner genauen Entstehung während des Refugiums in Spanien oder der Ägäis in der letzten Eiszeit vermutet. Dennoch ist offen, wie bestimmte Marker entstanden.
Was bedeutet das Ganze?
Ein neues Licht wirft eine solche Erkenntnis, woher komme ich und von wem stamme ich ab, wenn man dazu die psychologische Forschung der Neuzeit heranzieht. Wissenschaftler wie etwa C.G. Jung postulieren, dass den Menschen ein „kollektives Unbewusstes“ prägt. Auch der Familientherapeut Bert Hellinger fokussiert beim Menschen sehr stark auf ein „Sippengewissen“. Die Existenz einer transgenerationalen Bewusstseinsebene ist in der modernen Wissenschaft zunehmend weniger umstritten. Die Erkenntnis der Herkunft gibt in diesen Überlegungen neue Impulse.
Mich hat auch immer die These innerlich sehr angesprochen und berührt, dass die Vorfahren der heutigen Menschen sehr anpassungsfähig, beispielsweise auch eher aktiv waren und rechtzeitig vor der Eiszeit geflüchtet sind, dagegen die Neandertaler wohl mehr versucht haben, die Widrigkeiten des Klimas auszusitzen. Letztere waren von ihrer körperlichen Statur auch wesentlich robuster und dadurch verführt, "den starken Mann zu spielen". Dass die Vorfahren der heutigen Menschen sich mit den Neandertalern vereint haben, ist seit kurzem nicht mehr fraglich, es ist erwiesen. Wie genau diese zwei Spezies sich vermischten, ist hingegen unbekannt.
Gerade zu Zeiten der medialen und wirtschaftlichen Globalisierung, die eine Art horizontale Verbindung der heute lebenden Menschen in der ganzen Welt herbeiführt, erscheint mir die vertikale Achse, die langfristige Herkunft des Menschen und auch seine Zukunft ebenso wichtig. Dies löst etwas vom Tunnelblick auf das, das gerade wieder die Aufmerksamkeit in irgendeine, angeblich furchtbar notwendige, aktuelle Sache ziehen will.
Weiterführendes:
1) Mohr, G. (2008): Coaching und Selbstcoaching mit Transaktionsanalyse, Bergisch-Gladbach: Edition Humanistische Psychologie.
2) http://www.galantos.de/download/ahnenforschung.pdf
Meine Vorfahren stammen aus Afrika. Das ist noch wenig verwunderlich. Aber nachdem sie dort 150.000 Jahre lebten, begannen sie zu wandern. Ursache war vermutlich ein Klimawandel. Vor etwa 50.000 Jahren nach Ende der ersten Eiszeit wurde es in den Gebiet des heutigen Äthiopiens, Kenias, Tansanias feuchter. Aus der Wüste wurde Savanne und zunehmend mehr Tiere bevölkerten die Gegend. Die Tiere wanderten gen Norden und die Menschen folgten ihnen. Etwa zu dieser Zeit entstand auch eine differenzierte Sprache und die Verwendung von praktikablem Werkzeug ist belegt.
Einer der nächsten männlichen Vertreter „meiner Familie“ wurde vermutlich im mittleren Osten geboren. Gearbeitet wurde nicht nur mit Steinwerkzeug sondern auch mit Gegenständen aus Elfenbein oder Holz. Vor 40.000 Jahren kam es dann in Afrika erneut zu einer Dürre, aus Grasland wurde wieder Wüste und meinen Vorfahren war sozusagen der Rückweg abgeschnitten. Also wanderten sie weiter nach Norden und folgten den Herden in das Gebiet des heutigen Iran und in die eurasische Steppe nach Russland und West-Sibirien.
10.000 Jahre schlug man sich in einer eher unwirtlichen Gegend herum und erlernte allerlei Kulturtechniken wie die Entwicklung transportabler Behausungen, nutzte Waffen aus Knochen, ausgefeilte Jagdtechniken, Nadeln und Kleidung aus Tierhäuten. Vor 30.000 Jahren machte sich der Clan wieder auf, wahrscheinlich erneut den Herden folgend.
Hier teilte sich die R1 Gruppe in R1a, die eher eine nördliche Route nahm und dann in Ost- und Nordeuropa verblieb sowie eine südliche, die den Weg nach Frankreich, Spanien und zu den britischen Inseln fand: R1b
Die neuen Europäer entwickelten zunehmend mehr und ausgefeiltere Techniken und waren dadurch vermutlich dem Neandertaler, den sie dort trafen, überlegen. Zu den "Modernen" zählt auch der Cro-Magnon-Mensch, der die südfranzösische Höhlenmalerei herstellte. Die Cauchet- und die Altamira-Höhle und das sehr viel später entstandene Kulturdenkmal Stonehenge sind Zeichen ihres Wirkens. Ebenso sind die Bandkeramiken dem Wirken der eher grazil gebauten R1b-Menschen zu verdanken. Sie besiedelten bald ganz Westeuropa.
Es wird vermutet, dass die Population in der letzten Eiszeit etwa vor 10.000 Jahren die Entscheidung traf, sehr stark nach Süden, insbesondere nach Spanien, auch in die griechische Ägäis auszuweichen, weshalb man diese genetische Struktur auch im Baskenland sehr verbreitet findet. Nach Ende der Eiszeit gingen viele wieder nach Norden zurück.
Die gesamte Wanderungsbewegung hin nach Westeuropa hatte etwa 20.000 Jahre gedauert, mithin 800 bis 1000 Generationen. Verglichen mit der gesamten Menschheits- und erst recht mit der Erdgeschichte ein sehr kurzer Zeitraum. Die Vorfahren der Aboriginees Australiens wanderten hingegen entlang der warmen tropischen Küsten Irans, Indiens, Malaysias und Indonesiens. Sie brauchten nur 10.000 Jahre. Die südamerikanischen Indianern, die von den lebenswidrigeren Landschaften Sibirien über die vereiste Beringstrasse übersetzten, um dann die ganze amerikanische Westküste hinunter zu wandern, brauchten entsprechend 50.000 Jahre.
In Westeuropa wurden meine Vorfahren irgendwann sesshaft und begannen etwa vor 12.000 Jahren mit dem Ackerbau. Sehr viele Europäer haben so wie ich den genetischen Marker M173 (ein Charakteristikum von R1b), dessen Entstehung auf einen Zeitpunkt vor 30.000 Jahren datiert wird. Die endgültige Mutation zur Gestalt von R1b wird in seiner genauen Entstehung während des Refugiums in Spanien oder der Ägäis in der letzten Eiszeit vermutet. Dennoch ist offen, wie bestimmte Marker entstanden.
Was bedeutet das Ganze?
Ein neues Licht wirft eine solche Erkenntnis, woher komme ich und von wem stamme ich ab, wenn man dazu die psychologische Forschung der Neuzeit heranzieht. Wissenschaftler wie etwa C.G. Jung postulieren, dass den Menschen ein „kollektives Unbewusstes“ prägt. Auch der Familientherapeut Bert Hellinger fokussiert beim Menschen sehr stark auf ein „Sippengewissen“. Die Existenz einer transgenerationalen Bewusstseinsebene ist in der modernen Wissenschaft zunehmend weniger umstritten. Die Erkenntnis der Herkunft gibt in diesen Überlegungen neue Impulse.
Mich hat auch immer die These innerlich sehr angesprochen und berührt, dass die Vorfahren der heutigen Menschen sehr anpassungsfähig, beispielsweise auch eher aktiv waren und rechtzeitig vor der Eiszeit geflüchtet sind, dagegen die Neandertaler wohl mehr versucht haben, die Widrigkeiten des Klimas auszusitzen. Letztere waren von ihrer körperlichen Statur auch wesentlich robuster und dadurch verführt, "den starken Mann zu spielen". Dass die Vorfahren der heutigen Menschen sich mit den Neandertalern vereint haben, ist seit kurzem nicht mehr fraglich, es ist erwiesen. Wie genau diese zwei Spezies sich vermischten, ist hingegen unbekannt.
Gerade zu Zeiten der medialen und wirtschaftlichen Globalisierung, die eine Art horizontale Verbindung der heute lebenden Menschen in der ganzen Welt herbeiführt, erscheint mir die vertikale Achse, die langfristige Herkunft des Menschen und auch seine Zukunft ebenso wichtig. Dies löst etwas vom Tunnelblick auf das, das gerade wieder die Aufmerksamkeit in irgendeine, angeblich furchtbar notwendige, aktuelle Sache ziehen will.
Weiterführendes:
1) Mohr, G. (2008): Coaching und Selbstcoaching mit Transaktionsanalyse, Bergisch-Gladbach: Edition Humanistische Psychologie.
2) http://www.galantos.de/download/ahnenforschung.pdf