Ich werde häufig auf Persönlichkeitsfragebogen angesprochen. Deshalb hier zur Nutzung der Persönlichkeitsfragebogen einige grundsätzlichen Punkte:
1. Es gibt nicht die Persönlichkeitstheorie, sondern zahllose (ich kann alleine ca. 30 referieren, die sich zum Teil sehr widersprechen). Das wird von einzelnen kommerziellen Anbietern, die ihr eigenes Verfahren promoten wollen, natürlich nicht erwähnt.
2. Technisch ausgedrückt bedeutet das, dass die Validität, jedes Persönlichkeitsfragebogens oder -tests, also eine Aussage über das, was man eigentlich behauptet zu beschreiben, nämlich die Persönlichkeit, gar nicht möglich ist. Jedem Test liegt eine Theorie zugrunde, was die Persönlichkeit ausmacht. Ein Test pickt bestimmte Themen des Lebens heraus und tut so, als ob die wichtig wären und Persönlichkeit im Ganzen beschreiben. Es lohnt sich also genau hinzuschauen, welche Aspekte gewählt werden. Viel ehrlicher sind hier rollenbezogene Fragebogen, die nichts über Persönlichkeit suggerieren, sondern für bestimmte Funktionen Rollenverhalten beschreiben.
3. Auf diesem Hintergrund ist es notwendig, dass Menschen, die mit Persönlichkeitsverfahren arbeiten, ein sozialwissenschaftliches Studium (am besten Psychologie, ev. auch Sozialarbeit/Sozialpädagogik oder Medizin/Psychiatrie) oder eine mindestens dreijährige psychologische Zusatzausbildung haben und somit
a)eine Ausbildung mit entsprechenden Examina in Befunderhebung, Begutachtung, Diagnostik und Ergebnisvermittlung haben,
b) dadurch sehr viele Persönlichkeitsstheorien und deren Vor- und Nachteile kennen,
c) testtheoretisch einordnen können, was ein Verfahren taugt.
Erst mit diesen Voraussetzungen, die zweifelsohne zum Teil mühsam - Testtheorie ist kompliziert - erlangt werden, ist ein professioneller Einsatz von Persönlichkeitsverfahren gewährleistet.
4. Zum Vorgehen der Fragebögen: Die meist vorliegenden Selbstbeschreibungsverfahren ermitteln das Denken einer Person über sich, wobei jeder Ausfüllende in etwa weiß, was die gesellschaftlichen Anforderungen zum jeweiligen Fragenkomplex sind. . Entsprechend werden sog. Einstellungen erfasst, die aber in ihrer Korrelation mit dem wirklichen Verhalten, selbst mit der Ausstrahlung eines Menschen auf andere nicht einhergehen müssen, wie viele sozialpsychologische Untersuchungen zeigen.
5. Zur Reliabilität, d.h. der Konstanz der Testergebnisse zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Situationen: Persönlichkeitsverfahren geben sich am liebsten sehr reliabel, weil das ja ihre Grundtheorie ist, dass Menschen danach eher konstant sind, als dass sie sich verändern. Vielfach sind sie natürlich nicht reliabel, weil Menschen sich verändern und was gerade durch die systemischen Erkenntnisse klar ist, dass Verhalten systemisch und situativ bedingt ist. Aber was für den betrieblichen Kontext sehr viel wichtiger ist: Wenn sie Konstantes messen, sind sie eigentlich nur zur Selektion zu gebrauchen. Die Vermutung, dass es um irgendeine Form von Selektion geht und dafür ein quasi objektives Instrument gebraucht wird, ist beim vehementen Einsatz dieser Instrumente immer anzusetzen.
6. Die Verfahren sind also eigentlich nicht als Grundlage für Veränderung zu nehmen, weil sie das ja definitionsgemäß erst einmal ausschließen. Oder ist doch Veränderung möglich? Das wird in der Praxis, wenn es gebraucht wird, dann jedenfalls doch ganz schnell versprochen, weil es ja wieder Nutzer und Käufer bringt. Der einzig "koschere" Einsatz solcher Verfahren kann meines Erachtens nur ein Stück Selbsterkenntnis des Ausfüllenden über seine momentane Einstellung sein. Denn der ausgebildete psychologische Diagnostiker sollte diese Verfahren eigentlich nicht brauchen, sondern auf der Ebene, die Persönlichkeitsverfahren abbilden, sehen und hören können.
7. Da stellt sich die Frage, warum solche Instrumente so zahlreich existieren. Sie erfreuen sich - gerade bei Laien - solcher Beliebtheit, weil sie endlich die Fragen "Was ist der Mensch psychisch? Wie bin ich? Wie kann ich andere einordnen?" zu beantworten versprechen. Außerdem suggerieren sie angelernten Laien, dass sie ein tragfähiges Tool zur Arbeit mit Personen haben. Die prüfen das dann anhand ihrer Augenscheinvalidität und freuen sich, wenn sie sich selbst wieder entdecken. Natürlich finden sich die Probanden auch im Ergebnis wieder, weil die Ergebnisprofile ja nur eine Zusammenfassung ihrer Antworten ist. Aber ob sie so sind, vor allem in ihrer Außenwirkung, die manchmal nicht uninteressant ist, bleibt die Frage.
8. Dann erhält der Anwender regelmäßig noch Vorschläge/ Textbausteine zur Interpretation, die man dem Probanden zuschicken kann. Ein Unding für den Profi.
9. Die Tests verkaufen sich gut, weil sie gut beworben werden. Auch die ganze Heimlichkeitstuerei mit Lizensierung etc. verschleiert nur die wissenschaftliche Dürftigkeit und schafft einen Quasiwert, der meist gar nicht vorhanden ist.
10. Man sollte nur frei zugängliche Persönlichkeitsfragebogen nutzen, die sich auch der wissenschaftlichen Untersuchung stellen. Diese sollten von Fachleuten wie Diplom-Psychologen eingesetzt werden. Denn ohne ausführliche Ausbildung in Persönlichkeitspsychologie und Testtheorie ist die Versuchung groß, dass wenig ausgebildete, aber begeisterte Hobby-Diagnostiker noch unwissendereren Klienten "irgendwas" erzählen, was ihrer Plausibilität entspricht.
Weiterführendes:
1. Es gibt nicht die Persönlichkeitstheorie, sondern zahllose (ich kann alleine ca. 30 referieren, die sich zum Teil sehr widersprechen). Das wird von einzelnen kommerziellen Anbietern, die ihr eigenes Verfahren promoten wollen, natürlich nicht erwähnt.
2. Technisch ausgedrückt bedeutet das, dass die Validität, jedes Persönlichkeitsfragebogens oder -tests, also eine Aussage über das, was man eigentlich behauptet zu beschreiben, nämlich die Persönlichkeit, gar nicht möglich ist. Jedem Test liegt eine Theorie zugrunde, was die Persönlichkeit ausmacht. Ein Test pickt bestimmte Themen des Lebens heraus und tut so, als ob die wichtig wären und Persönlichkeit im Ganzen beschreiben. Es lohnt sich also genau hinzuschauen, welche Aspekte gewählt werden. Viel ehrlicher sind hier rollenbezogene Fragebogen, die nichts über Persönlichkeit suggerieren, sondern für bestimmte Funktionen Rollenverhalten beschreiben.
3. Auf diesem Hintergrund ist es notwendig, dass Menschen, die mit Persönlichkeitsverfahren arbeiten, ein sozialwissenschaftliches Studium (am besten Psychologie, ev. auch Sozialarbeit/Sozialpädagogik oder Medizin/Psychiatrie) oder eine mindestens dreijährige psychologische Zusatzausbildung haben und somit
a)eine Ausbildung mit entsprechenden Examina in Befunderhebung, Begutachtung, Diagnostik und Ergebnisvermittlung haben,
b) dadurch sehr viele Persönlichkeitsstheorien und deren Vor- und Nachteile kennen,
c) testtheoretisch einordnen können, was ein Verfahren taugt.
Erst mit diesen Voraussetzungen, die zweifelsohne zum Teil mühsam - Testtheorie ist kompliziert - erlangt werden, ist ein professioneller Einsatz von Persönlichkeitsverfahren gewährleistet.
4. Zum Vorgehen der Fragebögen: Die meist vorliegenden Selbstbeschreibungsverfahren ermitteln das Denken einer Person über sich, wobei jeder Ausfüllende in etwa weiß, was die gesellschaftlichen Anforderungen zum jeweiligen Fragenkomplex sind. . Entsprechend werden sog. Einstellungen erfasst, die aber in ihrer Korrelation mit dem wirklichen Verhalten, selbst mit der Ausstrahlung eines Menschen auf andere nicht einhergehen müssen, wie viele sozialpsychologische Untersuchungen zeigen.
5. Zur Reliabilität, d.h. der Konstanz der Testergebnisse zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Situationen: Persönlichkeitsverfahren geben sich am liebsten sehr reliabel, weil das ja ihre Grundtheorie ist, dass Menschen danach eher konstant sind, als dass sie sich verändern. Vielfach sind sie natürlich nicht reliabel, weil Menschen sich verändern und was gerade durch die systemischen Erkenntnisse klar ist, dass Verhalten systemisch und situativ bedingt ist. Aber was für den betrieblichen Kontext sehr viel wichtiger ist: Wenn sie Konstantes messen, sind sie eigentlich nur zur Selektion zu gebrauchen. Die Vermutung, dass es um irgendeine Form von Selektion geht und dafür ein quasi objektives Instrument gebraucht wird, ist beim vehementen Einsatz dieser Instrumente immer anzusetzen.
6. Die Verfahren sind also eigentlich nicht als Grundlage für Veränderung zu nehmen, weil sie das ja definitionsgemäß erst einmal ausschließen. Oder ist doch Veränderung möglich? Das wird in der Praxis, wenn es gebraucht wird, dann jedenfalls doch ganz schnell versprochen, weil es ja wieder Nutzer und Käufer bringt. Der einzig "koschere" Einsatz solcher Verfahren kann meines Erachtens nur ein Stück Selbsterkenntnis des Ausfüllenden über seine momentane Einstellung sein. Denn der ausgebildete psychologische Diagnostiker sollte diese Verfahren eigentlich nicht brauchen, sondern auf der Ebene, die Persönlichkeitsverfahren abbilden, sehen und hören können.
7. Da stellt sich die Frage, warum solche Instrumente so zahlreich existieren. Sie erfreuen sich - gerade bei Laien - solcher Beliebtheit, weil sie endlich die Fragen "Was ist der Mensch psychisch? Wie bin ich? Wie kann ich andere einordnen?" zu beantworten versprechen. Außerdem suggerieren sie angelernten Laien, dass sie ein tragfähiges Tool zur Arbeit mit Personen haben. Die prüfen das dann anhand ihrer Augenscheinvalidität und freuen sich, wenn sie sich selbst wieder entdecken. Natürlich finden sich die Probanden auch im Ergebnis wieder, weil die Ergebnisprofile ja nur eine Zusammenfassung ihrer Antworten ist. Aber ob sie so sind, vor allem in ihrer Außenwirkung, die manchmal nicht uninteressant ist, bleibt die Frage.
8. Dann erhält der Anwender regelmäßig noch Vorschläge/ Textbausteine zur Interpretation, die man dem Probanden zuschicken kann. Ein Unding für den Profi.
9. Die Tests verkaufen sich gut, weil sie gut beworben werden. Auch die ganze Heimlichkeitstuerei mit Lizensierung etc. verschleiert nur die wissenschaftliche Dürftigkeit und schafft einen Quasiwert, der meist gar nicht vorhanden ist.
10. Man sollte nur frei zugängliche Persönlichkeitsfragebogen nutzen, die sich auch der wissenschaftlichen Untersuchung stellen. Diese sollten von Fachleuten wie Diplom-Psychologen eingesetzt werden. Denn ohne ausführliche Ausbildung in Persönlichkeitspsychologie und Testtheorie ist die Versuchung groß, dass wenig ausgebildete, aber begeisterte Hobby-Diagnostiker noch unwissendereren Klienten "irgendwas" erzählen, was ihrer Plausibilität entspricht.
Weiterführendes:
Mohr, G. (2008): Coaching und Selbstcoaching mit Transaktionsanalyse, Bergisch-Gladbach: Edition Humanistische Psychologie.