Mithilfe von zehn Systemdynamiken lässt sich ein System hinreichend beschreiben, um Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten zu identifizieren.
1. Die Dynamik der Aufmerksamkeit
Die wichtigste Systemdynamik ist die Dynamik der Aufmerksamkeit (Attention). Womit beschäftigen sich die Beteiligten innerlich? Was denken sie, was sie tun? Ist es das, was zur Zeit nötig ist? Ist es realitätsadäquat, was sie sich gerade vorstellen, was sie zu tun haben? Hier hat die von der Führung in einem System verbreitete Maxime großen Einfluss. Bei der Fußballnationalmannschaft war es das Vorstellungsbild „Verteidigen“, den Titel verteidigen. Dies ist in einer eigentlich auf Zugewinn, also mehr Tore als der Gegner abzielenden Bewegungssportart eine defensive Ausrichtung. Immer wieder war auch davon die Rede, dass man Weltmeister ist. Dies war man aber tatsächlich vor vier Jahren. Heute fing man real bei Null an, was sich ja auch bös bewahrheiten sollte. Verteidigen heißt, man stellt sich vor, man ist irgendwo und will nicht dort weg. Dies war eine fatale Ausrichtung. Die völlig ungewohnt behäbige und risikolose Spielweise hat dies möglicherweise realisiert.
2. Die Dynamik der Rollen
Die Rollen schienen seit langem sehr klar und fest. Der Bundestrainer ist der unangefochtene Chef. Oliver Bierhoff ist das Sprachrohr für alles andere nach außen.
Manuel Neuer, obwohl er ein Dreivierteljahr nicht gespielt hatte, blieb die Nr 1 der Spieler. Ein anderer Torhüter (Tersteegen), der sich die ganze Zeit hervorragend eingesetzt hatte, wurde wieder degradiert. Neuer wurde Tersteegen dann vor die Nase gesetzt, anstatt ihn zur Nummer zwei zu machen. Tersteegen war klug genug, sich nicht zu monieren, weil das anderen schon zum Verhängnis geworden war. Die Führung wurde von den fatalerweise Weltmeister genannten Spielern dargestellt. Die ConFed-Cup-Gewinner spielten eine untergeordnete Rolle. Das Mantra „Wir brauchen Spielerpersönlichkeiten“, eine „Achse von Führungsspielern“ machte die Runde, ist aber auch nur magisches Denken. Fußballspielen scheint doch eher das Zeigen von Engagement und Leistung auf dem Platz abzuhängen. Danach hätten wohl eher Werner und Brandt hier wichtig sein können, die einzigen, die mal etwas Geschwindigkeit zeigten. Möglicherweise bestand hier auch der Gegensatz zum vermeintlich besten deutschen Spieler, Toni Kroos, der das Spiel kontrolliert, aber eben verlangsamt, was in Madrid kein Problem ist, aber hier schon.
3. Die Dynamik der Rollenbeziehungen
Sie sind vor allem durch lange Treue gekennzeichnet. Gleichzeitig ist eine gewisse Gefolgschaft nötig. So wie vorher Joachim Löw Lukas Podolski lange über dessen Leistungshoch hinaus treu war, setzte er auf die vertrauten Spieler. So sind Spieler wie Boateng, Gomez und Müller nominiert worden, obwohl sie von ihrer Form her in der letzten Zeit fraglich waren. Wagner, Petersen, Sane wurden zu Hause gelassen. Ein enfant terrible wie Kruse, der im letzten Jahr gut gespielt hatte, kam nie mehr in Betracht. Man musste moralisch irgendwie einwandfrei sein.
4. Die Dynamik der Kommunikation
Wie man innen kommuniziert oder nach außen auftritt, ist hier zu betrachten. Man war von der deutschen Mannschaft ein ziemlich angenehmes, geräuschloses Kommunizieren gewöhnt. Dann traten Özil und Gündogan auf, wozu man keine Antwort fand. Man erklärte das Thema für beendet, eine sehr arrogante und ohne die Zuschauer zu berechnende Haltung. Und es wäre so die Chance gewesen, auf die Stärke des Multinationalen im Team hinzuweisen. Stattdessen lies der DFB die Spieler allein. In Talkshows setzte sich die Meinung durch, dass beide einen Fehler gemacht hätten und sich quasi bei deutschen Fußballvolk entschuldigen müssten, eine fatale Einschätzung. Der DFB blieb still und ließ die fatale Meinungshoheit stehen.
5. Die Dynamik der Problemlösung
Problemlösung ist eng mit Kommunikation verknüpft. Aber sie beginnt vorher. Die Vorbereitung der Mannschaft mit intensivem Training wurde praktiziert. Zwei Aufbaugegner zeigten eine langsame, körperlich schwerfällig Mannschaft und führten zu blamablen Vorstellungen. Konnte man sich an das Beispiel der Dänen erinnern, die aus dem Urlaub geholt wurden, körperlich und mental ausgeruht locker den EM-Titel errangen. Eigentlich wurden die Probleme dieser Mannschaft gesehen, die weder in der Defensive stabil noch vorne sehr torgefährlich war. Aber man vertraute auf irgendeine Magie anstatt auf Fakten oder die Schwachpunkte öffentlich zu benennen. Die zur Schau getragene Entspanntheit korrespondierte in keiner Weise mit der tatsächlichen Problemsituation der Mannschaft.
6. Die Dynamik des Erfolges
Erfolg - ziemlich naive, die aktuelle Realität gar nicht betrachtende Muster wurden genannt. Deutschland sei eine Turniernannschaft. Im Fußball wird gerne magisches Denken bemüht. Logik bleibt außen vor. Oft sei der Champion zwar beim nächsten mal ausgeschieden, aber diesmal werde verteidigt. Das Interessante war, dass Mats Hummels selbst sagte, dass sie das letzte gute Spiel im März 2017, also vor über einem Jahr gemacht hatten. Auch waren viele Spieler als Verlierer angereist. Die Saison Bayern Münchens war spätestens nach der Pokalniederlage eine gescheiterte.
Im Pokalspiel Bayern-Frankfurt hatte man schon gesehen, wie leicht ein international erfahrener Stürmer wie der Kroate Ante Rebic von Eintracht Frankfurt mit der deutschen Nationalmannschaftsverteidigung fertig wird. Er war schneller und ballsicherer als die Nationalmannschaftsverteidiger.
Hinzu kommt das „Beinahe“-Muster. Es beschreibt Situationen, wenn fast der ganze Weg bis hin zum Erfolg gelingt, aber der Abschluss selber nicht. Und hier waren deutliche Indizien vorhanden. Pfostenschüsse, frei zum Kopfball kommen und dem Torhüter in die Arme köpfen zeigen, dass die letzte Konzentration, die innere Motivation, das Selbstvertrauen, den erfolgreichen Abschluss zu schaffen, nicht vorhanden sind.
7. Die Dynamik des Gleichgewichtes
Man stellte sich dauernd vor, Deutschland sei (schon) Weltmeister. Ein altes Gleichgewicht wurde ständig bemüht und vor die aktuelle Realität gestellt. Das eigentliche Gleichgewicht, dass jede Mannschaft erst einmal mit Null Punkten anfängt, wurde nicht gesehen.
8. Die Dynamik der Rekursivität
Hier geht es um die Wiedererkennbarkeit von Prinzipien in einem System. Rund um die Nationalmannschaft ist das Beibehalten von Gewohntem sicher ein festes Prinzip. Zusätzlich schien ein Halbleistungsprinzip angewandt zu werden, ein bisschen Exempel statuieren, aber nicht wirklich: Götze nicht nominieren aus Leistungsgründen, aber andere, die nicht besser waren, mitnehmen. Immer schien die persönliche Intuition Einzelner, des Bundestrainers, wichtiger als das, was tatsächlich gezeigt wurde.
9. Die Dynamik der äußeren Pulsation
Dabei geht es um die Offenheit nach außen. Das System Nationalmannschaft wirkt sehr geschlossen. Man suggerierte ein geschlossenes Erfolgsmodell zu besitzen. Eine bescheidenere Offenheit und mehr konstruktive Unsicherheit helfen hier.
10. Die Dynamik der inneren Pulsation
Hier fällt die doch vorhandene Gruppenbildung auf. Schon wurde zu Beginn ganz entscheidend auf Verteidigung gesetzt. Dann wurde künstlich eine Verlierergruppe inszeniert, die vier, die nach den Vorbereitungsspielen Hause geschickt wurden. Man hätte auch direkt nur 23 mitnehmen und bei etwaigen Verletzungen nachnominieren können. Die Mannschaft war stark aus früher erfolgreichen, aber in der letzten Zeit gescheiterten Spielern (Bayern, Arsenal, Real in der spanischen Meisterschaft,…) zusammengesetzt sowie aus jungen Spielern, denen sofort ihre Zweitklassenrolle (Sane, Terstegen, Brandt, Plattenhardt…..) klar gemacht worden war.
Fazit:
Alles in allem stellt sich das Bild so dar, dass es eine ganze Reihe von problematischen Dynamiken gab, was schon mit der Aufmerksamkeit begann, die eine fragwürdige Orientierung bot. Aber auch Rollen und deren Beziehungen sowie Problemlösung und Erfolgsprozesse können verbessert werden.
Deutschlands Fußball ist ja dann nicht nur knapp ausgeschieden, durch Pech, sondern es war eine ganz deutliche Unterlegenheit gegenüber den anderen Mannschaften feststellbar.
1. Die Dynamik der Aufmerksamkeit
Die wichtigste Systemdynamik ist die Dynamik der Aufmerksamkeit (Attention). Womit beschäftigen sich die Beteiligten innerlich? Was denken sie, was sie tun? Ist es das, was zur Zeit nötig ist? Ist es realitätsadäquat, was sie sich gerade vorstellen, was sie zu tun haben? Hier hat die von der Führung in einem System verbreitete Maxime großen Einfluss. Bei der Fußballnationalmannschaft war es das Vorstellungsbild „Verteidigen“, den Titel verteidigen. Dies ist in einer eigentlich auf Zugewinn, also mehr Tore als der Gegner abzielenden Bewegungssportart eine defensive Ausrichtung. Immer wieder war auch davon die Rede, dass man Weltmeister ist. Dies war man aber tatsächlich vor vier Jahren. Heute fing man real bei Null an, was sich ja auch bös bewahrheiten sollte. Verteidigen heißt, man stellt sich vor, man ist irgendwo und will nicht dort weg. Dies war eine fatale Ausrichtung. Die völlig ungewohnt behäbige und risikolose Spielweise hat dies möglicherweise realisiert.
2. Die Dynamik der Rollen
Die Rollen schienen seit langem sehr klar und fest. Der Bundestrainer ist der unangefochtene Chef. Oliver Bierhoff ist das Sprachrohr für alles andere nach außen.
Manuel Neuer, obwohl er ein Dreivierteljahr nicht gespielt hatte, blieb die Nr 1 der Spieler. Ein anderer Torhüter (Tersteegen), der sich die ganze Zeit hervorragend eingesetzt hatte, wurde wieder degradiert. Neuer wurde Tersteegen dann vor die Nase gesetzt, anstatt ihn zur Nummer zwei zu machen. Tersteegen war klug genug, sich nicht zu monieren, weil das anderen schon zum Verhängnis geworden war. Die Führung wurde von den fatalerweise Weltmeister genannten Spielern dargestellt. Die ConFed-Cup-Gewinner spielten eine untergeordnete Rolle. Das Mantra „Wir brauchen Spielerpersönlichkeiten“, eine „Achse von Führungsspielern“ machte die Runde, ist aber auch nur magisches Denken. Fußballspielen scheint doch eher das Zeigen von Engagement und Leistung auf dem Platz abzuhängen. Danach hätten wohl eher Werner und Brandt hier wichtig sein können, die einzigen, die mal etwas Geschwindigkeit zeigten. Möglicherweise bestand hier auch der Gegensatz zum vermeintlich besten deutschen Spieler, Toni Kroos, der das Spiel kontrolliert, aber eben verlangsamt, was in Madrid kein Problem ist, aber hier schon.
3. Die Dynamik der Rollenbeziehungen
Sie sind vor allem durch lange Treue gekennzeichnet. Gleichzeitig ist eine gewisse Gefolgschaft nötig. So wie vorher Joachim Löw Lukas Podolski lange über dessen Leistungshoch hinaus treu war, setzte er auf die vertrauten Spieler. So sind Spieler wie Boateng, Gomez und Müller nominiert worden, obwohl sie von ihrer Form her in der letzten Zeit fraglich waren. Wagner, Petersen, Sane wurden zu Hause gelassen. Ein enfant terrible wie Kruse, der im letzten Jahr gut gespielt hatte, kam nie mehr in Betracht. Man musste moralisch irgendwie einwandfrei sein.
4. Die Dynamik der Kommunikation
Wie man innen kommuniziert oder nach außen auftritt, ist hier zu betrachten. Man war von der deutschen Mannschaft ein ziemlich angenehmes, geräuschloses Kommunizieren gewöhnt. Dann traten Özil und Gündogan auf, wozu man keine Antwort fand. Man erklärte das Thema für beendet, eine sehr arrogante und ohne die Zuschauer zu berechnende Haltung. Und es wäre so die Chance gewesen, auf die Stärke des Multinationalen im Team hinzuweisen. Stattdessen lies der DFB die Spieler allein. In Talkshows setzte sich die Meinung durch, dass beide einen Fehler gemacht hätten und sich quasi bei deutschen Fußballvolk entschuldigen müssten, eine fatale Einschätzung. Der DFB blieb still und ließ die fatale Meinungshoheit stehen.
5. Die Dynamik der Problemlösung
Problemlösung ist eng mit Kommunikation verknüpft. Aber sie beginnt vorher. Die Vorbereitung der Mannschaft mit intensivem Training wurde praktiziert. Zwei Aufbaugegner zeigten eine langsame, körperlich schwerfällig Mannschaft und führten zu blamablen Vorstellungen. Konnte man sich an das Beispiel der Dänen erinnern, die aus dem Urlaub geholt wurden, körperlich und mental ausgeruht locker den EM-Titel errangen. Eigentlich wurden die Probleme dieser Mannschaft gesehen, die weder in der Defensive stabil noch vorne sehr torgefährlich war. Aber man vertraute auf irgendeine Magie anstatt auf Fakten oder die Schwachpunkte öffentlich zu benennen. Die zur Schau getragene Entspanntheit korrespondierte in keiner Weise mit der tatsächlichen Problemsituation der Mannschaft.
6. Die Dynamik des Erfolges
Erfolg - ziemlich naive, die aktuelle Realität gar nicht betrachtende Muster wurden genannt. Deutschland sei eine Turniernannschaft. Im Fußball wird gerne magisches Denken bemüht. Logik bleibt außen vor. Oft sei der Champion zwar beim nächsten mal ausgeschieden, aber diesmal werde verteidigt. Das Interessante war, dass Mats Hummels selbst sagte, dass sie das letzte gute Spiel im März 2017, also vor über einem Jahr gemacht hatten. Auch waren viele Spieler als Verlierer angereist. Die Saison Bayern Münchens war spätestens nach der Pokalniederlage eine gescheiterte.
Im Pokalspiel Bayern-Frankfurt hatte man schon gesehen, wie leicht ein international erfahrener Stürmer wie der Kroate Ante Rebic von Eintracht Frankfurt mit der deutschen Nationalmannschaftsverteidigung fertig wird. Er war schneller und ballsicherer als die Nationalmannschaftsverteidiger.
Hinzu kommt das „Beinahe“-Muster. Es beschreibt Situationen, wenn fast der ganze Weg bis hin zum Erfolg gelingt, aber der Abschluss selber nicht. Und hier waren deutliche Indizien vorhanden. Pfostenschüsse, frei zum Kopfball kommen und dem Torhüter in die Arme köpfen zeigen, dass die letzte Konzentration, die innere Motivation, das Selbstvertrauen, den erfolgreichen Abschluss zu schaffen, nicht vorhanden sind.
7. Die Dynamik des Gleichgewichtes
Man stellte sich dauernd vor, Deutschland sei (schon) Weltmeister. Ein altes Gleichgewicht wurde ständig bemüht und vor die aktuelle Realität gestellt. Das eigentliche Gleichgewicht, dass jede Mannschaft erst einmal mit Null Punkten anfängt, wurde nicht gesehen.
8. Die Dynamik der Rekursivität
Hier geht es um die Wiedererkennbarkeit von Prinzipien in einem System. Rund um die Nationalmannschaft ist das Beibehalten von Gewohntem sicher ein festes Prinzip. Zusätzlich schien ein Halbleistungsprinzip angewandt zu werden, ein bisschen Exempel statuieren, aber nicht wirklich: Götze nicht nominieren aus Leistungsgründen, aber andere, die nicht besser waren, mitnehmen. Immer schien die persönliche Intuition Einzelner, des Bundestrainers, wichtiger als das, was tatsächlich gezeigt wurde.
9. Die Dynamik der äußeren Pulsation
Dabei geht es um die Offenheit nach außen. Das System Nationalmannschaft wirkt sehr geschlossen. Man suggerierte ein geschlossenes Erfolgsmodell zu besitzen. Eine bescheidenere Offenheit und mehr konstruktive Unsicherheit helfen hier.
10. Die Dynamik der inneren Pulsation
Hier fällt die doch vorhandene Gruppenbildung auf. Schon wurde zu Beginn ganz entscheidend auf Verteidigung gesetzt. Dann wurde künstlich eine Verlierergruppe inszeniert, die vier, die nach den Vorbereitungsspielen Hause geschickt wurden. Man hätte auch direkt nur 23 mitnehmen und bei etwaigen Verletzungen nachnominieren können. Die Mannschaft war stark aus früher erfolgreichen, aber in der letzten Zeit gescheiterten Spielern (Bayern, Arsenal, Real in der spanischen Meisterschaft,…) zusammengesetzt sowie aus jungen Spielern, denen sofort ihre Zweitklassenrolle (Sane, Terstegen, Brandt, Plattenhardt…..) klar gemacht worden war.
Fazit:
Alles in allem stellt sich das Bild so dar, dass es eine ganze Reihe von problematischen Dynamiken gab, was schon mit der Aufmerksamkeit begann, die eine fragwürdige Orientierung bot. Aber auch Rollen und deren Beziehungen sowie Problemlösung und Erfolgsprozesse können verbessert werden.
Deutschlands Fußball ist ja dann nicht nur knapp ausgeschieden, durch Pech, sondern es war eine ganz deutliche Unterlegenheit gegenüber den anderen Mannschaften feststellbar.