Heute ist die Schlichtung von Stuttgart 21 zu Ende gegangen. Aus diesem Anlass möchte ich noch einmal auf dieses interessante Experiment zurückkommen, das ich bereits im November 2010 hier im Blog beleuchtet habe.
Interessant ist diese Veranstaltung, weil psychologische Gesichtspunkte der Mediation und Konfliktbewältigung mit der politischen Welt zusammentreffen. Die Veranstaltung wirkte bald sehr merkwürdig, zuweilen skurril. Der vereinbarte Stresstest schien zugunsten der S21-Befürworter ausgegangen zu sein. Die Gegner sahen aber diverse Mängel im Zustandekommen des Stresstests. So sei zum Beispiel die begutachtende Firma bereits mit Aufträgen der Bahn bedacht worden.
Die ganze Sache wirkt zunehmend verfahren. Befürworter und Gegner stehen sich weiterhin ohne Kompromissmöglichkeit gegenüber. Alles schien wieder wie am Anfang. Man lobt weiterhin das Diskutieren. Die Gegner zeigen sich aber nicht überzeugt. Die Befürworter hingegen sagen, es sei doch jetzt alles klar.
Am letzten Schlichtungstag macht Heiner Geißler selbst einen inhaltlichen Vorschlag zusammen mit der Schweizer Firma, die den Stresstest mit dem positiven Ergebnis für S21 durchgeführt hatte. Der Kompromissvorschlag beinhaltete den Durchgangsbahnhof für Fernverkehr unter der Erde (halb S21) und den Regionalbahnhof am alten Platz (halb K21).
Geißler zieht alle Register. Er lobt die begutachtende Firma, er lobt die Räumlichkeiten, er lobt den Hausherrn, er lobt die Experten der Bahn. Er hebt das neu-demokratische Vorgehen dieser Schlichtung hervor. Alle Fakten kämen so auf den Tisch. Leider – und hier waren sich alle wieder einig – sei das deutsche Baurecht völlig antiquiert und unzulässig. Und schon fühlen sich selbst die Konservativen wieder im Neuen und an der Speerspitze der Entwicklung sehr wichtig.
In der Sache ist man allerdings keinen Schritt weiter. Der sachliche Weg mit Fakten ist sicher ein Fortschritt gegenüber gewaltsamen Auseinandersetzungen, wie sie sich vor der Schlichtung anbahnten. Aber ein wirklicher Kompromiss wurde nicht erzielt. Und befriedet ist die Situation nicht.
Zusätzlich werden laufend die Rollen vereinfacht. Dass Geißler, als Schlichter eigentlich auf die Moderatorrolle beschränkt - einen inhaltlichen Vorschlag macht, war nur eins. Auch die anderen Beteiligten vernebelten immer wieder ihre Rollen. Natürlich ist die Bahn nicht nur ein Dienstleister, der Aufträge erfüllt, sondern eine AG, die Gewinne erwirtschaften will. Und der Verkauf der Immobilien in Stuttgarts Mitte gibt da Einiges her. Natürlich ist die Bedeutung von Mineralquellen unter einer Großstadt nicht für jeden in der Republik nachvollziehbar. Natürlich ist zu hinterfragen, ob
Menschen 200 km vom Geschehen in einer Abstimmung über die Belastungen der Bürger direkt am 10-jährigen Bauplatz entscheiden sollten.
Dass es nicht sehr gut lief, wurde deutlich, als der Pfarrer auf der Befürworterseite sich in Anrufungen seines obersten Chefs verlor, dessen Segen sicher von Nöten gewesen wäre. Aber ob der das deutsche Baurecht beherrscht, sei dahingestellt.
Der Wahlkampf bei einer Volksabstimmung werde fürchterlich, so Geißler. Wieso eigentlich? Einzig wäre dann seine Schlichtung im Nachhinein nicht wirklich entscheidend gewesen. War der Kompromissvorschlag mit Durchgangsverkehr unter die Erde und Regionalverkehr oben lassen nur ein Finte?
Dennoch erscheint Geißlers Variante vielleicht gar nicht so abwegig, weil sie so einfach klingt, ein bisschen für die, ein bisschen für die. Aber dann entstehen nicht so viele lukrative Immobilien, die verkauft werden können, war den diesbezüglichen Lobbyvertretern gleich klar. Das sei schon lange verworfen, erwähnten sie beiläufig. Die Grünen und die Gegner wollen es prüfen, alle anderen waren zu keiner Reaktion in der Lage. „Wir wollen dazu im Moment nicht Stellung nehmen“.
Der deutsche Verkehrsminister positionierte sich einen Tag später schon explizit dagegen. Das sei schon in früherer Prüfung verworfen worden. Basta-Politik. Ob das Bestand hat?
Ich halte Geißlers Variante für nicht so ausgeschlossen. Mal sehen, ob es nicht wirklich so kommt. Wie im Lied von der Schwäb´sche Eisenbahne: Stugat, Ulm un Biberach, Meckebeure, Durlesbach. Das soll jetzt unter die Erde?
Geißlers selbstdarstellerische Art ist äußerst gewöhnungsbedürftig. Aber wenn sie nützen würde, nichts dagegen. Das Schlusswort war, dass die Politik jetzt das Wort habe und entscheiden müsse. Das war nichts wirklich Neues. Außer dass man Zeit verbracht hat, was bleibt? Vielleicht geht es auch um Zeitverzug. Erreicht wurde auf der Sachebene nichts Überzeugendes.
Weiterführende Literatur: Mohr, G.: Wirtschaftskrise und neue Orientierung, Von Angst und Gier zu Substanz und Anerkennung, Berlin 2009.
Interessant ist diese Veranstaltung, weil psychologische Gesichtspunkte der Mediation und Konfliktbewältigung mit der politischen Welt zusammentreffen. Die Veranstaltung wirkte bald sehr merkwürdig, zuweilen skurril. Der vereinbarte Stresstest schien zugunsten der S21-Befürworter ausgegangen zu sein. Die Gegner sahen aber diverse Mängel im Zustandekommen des Stresstests. So sei zum Beispiel die begutachtende Firma bereits mit Aufträgen der Bahn bedacht worden.
Die ganze Sache wirkt zunehmend verfahren. Befürworter und Gegner stehen sich weiterhin ohne Kompromissmöglichkeit gegenüber. Alles schien wieder wie am Anfang. Man lobt weiterhin das Diskutieren. Die Gegner zeigen sich aber nicht überzeugt. Die Befürworter hingegen sagen, es sei doch jetzt alles klar.
Am letzten Schlichtungstag macht Heiner Geißler selbst einen inhaltlichen Vorschlag zusammen mit der Schweizer Firma, die den Stresstest mit dem positiven Ergebnis für S21 durchgeführt hatte. Der Kompromissvorschlag beinhaltete den Durchgangsbahnhof für Fernverkehr unter der Erde (halb S21) und den Regionalbahnhof am alten Platz (halb K21).
Geißler zieht alle Register. Er lobt die begutachtende Firma, er lobt die Räumlichkeiten, er lobt den Hausherrn, er lobt die Experten der Bahn. Er hebt das neu-demokratische Vorgehen dieser Schlichtung hervor. Alle Fakten kämen so auf den Tisch. Leider – und hier waren sich alle wieder einig – sei das deutsche Baurecht völlig antiquiert und unzulässig. Und schon fühlen sich selbst die Konservativen wieder im Neuen und an der Speerspitze der Entwicklung sehr wichtig.
In der Sache ist man allerdings keinen Schritt weiter. Der sachliche Weg mit Fakten ist sicher ein Fortschritt gegenüber gewaltsamen Auseinandersetzungen, wie sie sich vor der Schlichtung anbahnten. Aber ein wirklicher Kompromiss wurde nicht erzielt. Und befriedet ist die Situation nicht.
Zusätzlich werden laufend die Rollen vereinfacht. Dass Geißler, als Schlichter eigentlich auf die Moderatorrolle beschränkt - einen inhaltlichen Vorschlag macht, war nur eins. Auch die anderen Beteiligten vernebelten immer wieder ihre Rollen. Natürlich ist die Bahn nicht nur ein Dienstleister, der Aufträge erfüllt, sondern eine AG, die Gewinne erwirtschaften will. Und der Verkauf der Immobilien in Stuttgarts Mitte gibt da Einiges her. Natürlich ist die Bedeutung von Mineralquellen unter einer Großstadt nicht für jeden in der Republik nachvollziehbar. Natürlich ist zu hinterfragen, ob
Menschen 200 km vom Geschehen in einer Abstimmung über die Belastungen der Bürger direkt am 10-jährigen Bauplatz entscheiden sollten.
Dass es nicht sehr gut lief, wurde deutlich, als der Pfarrer auf der Befürworterseite sich in Anrufungen seines obersten Chefs verlor, dessen Segen sicher von Nöten gewesen wäre. Aber ob der das deutsche Baurecht beherrscht, sei dahingestellt.
Der Wahlkampf bei einer Volksabstimmung werde fürchterlich, so Geißler. Wieso eigentlich? Einzig wäre dann seine Schlichtung im Nachhinein nicht wirklich entscheidend gewesen. War der Kompromissvorschlag mit Durchgangsverkehr unter die Erde und Regionalverkehr oben lassen nur ein Finte?
Dennoch erscheint Geißlers Variante vielleicht gar nicht so abwegig, weil sie so einfach klingt, ein bisschen für die, ein bisschen für die. Aber dann entstehen nicht so viele lukrative Immobilien, die verkauft werden können, war den diesbezüglichen Lobbyvertretern gleich klar. Das sei schon lange verworfen, erwähnten sie beiläufig. Die Grünen und die Gegner wollen es prüfen, alle anderen waren zu keiner Reaktion in der Lage. „Wir wollen dazu im Moment nicht Stellung nehmen“.
Der deutsche Verkehrsminister positionierte sich einen Tag später schon explizit dagegen. Das sei schon in früherer Prüfung verworfen worden. Basta-Politik. Ob das Bestand hat?
Ich halte Geißlers Variante für nicht so ausgeschlossen. Mal sehen, ob es nicht wirklich so kommt. Wie im Lied von der Schwäb´sche Eisenbahne: Stugat, Ulm un Biberach, Meckebeure, Durlesbach. Das soll jetzt unter die Erde?
Geißlers selbstdarstellerische Art ist äußerst gewöhnungsbedürftig. Aber wenn sie nützen würde, nichts dagegen. Das Schlusswort war, dass die Politik jetzt das Wort habe und entscheiden müsse. Das war nichts wirklich Neues. Außer dass man Zeit verbracht hat, was bleibt? Vielleicht geht es auch um Zeitverzug. Erreicht wurde auf der Sachebene nichts Überzeugendes.
Weiterführende Literatur: Mohr, G.: Wirtschaftskrise und neue Orientierung, Von Angst und Gier zu Substanz und Anerkennung, Berlin 2009.