Rupert Sheldrake hat in einem Vortrag beim Frankfurter Ring am 3. Oktober 2018 über sein neuestes Buch „Die Wiederkehr der Spiritualität“ gesprochen. Sheldrake ist eigentlich durch seine These der morphogenetischen Felder bekannt geworden, in denen er feststellt, dass ein an einem Ort einmal stattgefundener Lernprozess diesen an einem anderen Ort schneller vollziehen lässt, weil er darüber in der Natur eine Verbindung sieht. Beispiele von Lernprozessen bei Tieren, die an einem Punkt der Welt etwas bestimmtes neu lernten, was zu einem schnelleren Lernen bei der gleichen Spezies am anderen Ende der Welt führte, kamen dazu auch in seinem Vortrag vor. In seinem neuesten Buch wendet er sich der Spiritualität zu, die er vor allem seit der Reformation im 16. Jahrhundert in vielen Praktiken zurückgedrängt beschreibt und wo er jetzt eine Wiederkehr sieht. In seiner Kindheit habe man solche Begriffe wie Yoga und Meditation in England, wo er lebt, überhaupt nicht gekannt. Heute gäbe es dazu überall viele praktische Angebote.
Er beleuchtet sieben Praktiken der Spiritualität näher, die er heute sehr im Kommen sieht. Darunter fasst er:
- Danken,
- Meditation,
- Naturerleben,
- Beziehung zu Pflanzen,
- Rituale,
- Pilgern und
- Singen.
Meditation sieht Sheldrake im Osten im Hinduismus und Buddhismus begründet, aber auch in der klösterlichen Tradition im Christentum, wo sie Kontemplation genannt wird. Die positive Wirkung auf Menschen sei in vielen Studien belegt. Dem kann man hier nur zustimmen. Gerade durch die Studien zu MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) - Programme liegt hier Einiges an Belegen vor. In den östlichen, religiösen Traditionen werden noch wichtige Zusammenhänge zum Glaubensbild der jeweiligen Religion gezogen. Im Hinduismus wird das Spüren des eigenen inneren Bewusstseins mit dem großen Bewusstsein des Universums im Zusammenhang gesehen. Darin liegt der Versuch, Spiritualität erfahrbar zu machen. Interessant ist hier sicher, dass die erfahrenen Bilder auf spirituellen Wegen immer kulturell geprägt sind. Im Christentum erleben Menschen andere Bilder als im Hinduismus und Buddhismus.
Bezüglich der Rituale, die nach Sheldrakes Auffassung ein Charakteristikum vieler spiritueller Richtungen sind, sprach er zunächst über Übergangsrituale, die sogar manchmal auch sehr bedrohlich werden könnten, etwa wenn Jugendliche allein für eine Zeitlang in den Urwald oder in die Wüste gehen müssten. Dies bildete eine Brücke zur Symbolik von Tod und Wiedergeburt, die in Ritualen oft vorkäme. Interessante Bemerkungen machte er in diesem Zusammenhang generell zu den Nahtoderlebnissen. So wiederholt sich in den Berichten das Erleben des durch einen Tunnel Müssens, dann im Licht zu sein und schließlich wieder zurück Müssens, obwohl die Betreffenden es oft selbst gar nicht mehr wollten. Durch die Verbeserung der Medizin gäbe es mehr Berichte, weil das Zurückholen der Menschen etwa nach Herzinfarkt einfach häufiger sei. Die Nahtoderfahrung schaffe in den meisten Fällen eine Art Wiedergeburt. Die Menschen änderten ihr Leben. Hier kann man ihm nur zustimmen. Menschen wenden sich dann eher Menschen zu. Sie werden selten Investmentbanker oder Controller.
Interessanterweise deutete er auch die Taufen im Christentum durch längeres Untertauchen am Anfang als Herbeiführen eines Nahtoderlebnissen. So habe ja Jesus durch die Taufe bei Johannes dem Täufer die erste Gottesnäheerfahrung erlebt.
Neben den Übergangsritualen ging er auf Zugehörigkeitsrituale ein. Rituale förderten die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, einer Nation, indem ihre Mythen immer wieder zelebriert würden. Hier kämen auch seine morphogenetische Felder in Betracht, da sie ja den Zusammenhang zwischen etwas früher Geschehenem und einer aktuellen Begebenheit herstellten. Die Vergangenheit un die Gegenwart werden in Beziehung gebracht. Das jüdische Pessachfest als kollektive Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, die christliche Kommunion als Wiederholung des Abendmahls von Jesus und seinen Jüngern.
Das Thema Pilgern schilderte er ebenfalls ausführlich in seiner Tradition. Die Reformation habe hier zu einem Abbruch geführt, da damals Pilgern in vielen Ländern verboten wurde und vor allem die Infrastruktur der Klöster für die Versorgung der Pilger auch zerstört wurde. Das Pilgern symbolisiere das auf dem Weg sein. Die Engländer hätten dann - fügte er nicht ohne Humor hinzu - den Tourismus erfunden. Aber die Leute würden heute Kathedralen und heilige Orte rationalistisch, mit vorgeschobenem kunsthistorischen Interesse besuchen, aber dadurch, dass sie dort nicht wirklich bewusst sein, keinen Segen mitnehmen, wie es die Menschen früher taten.
In der anschließenden Fragerunde kamen noch interessante Punkte zusammen. So fasste er seine Erkenntnisse über die Reinkarnationsforschung zusammen. Einerseits seien da einige Beispiele von Kindern, die sehr genau über ein früheres Leben berichten könnten. Die meisten Menschen hätten keine Erinnerung. Insofern sei das für ihn eine offene Frage. Er bezog sich in dem, was wir von früheren Leben übermittelt bekommen eher auf das kollektive Unbewusste nach C.G. Jung.
Insgesamt gilt für Rupert Sheldrakes morphogenetische Resonanztheorie immer noch, dass sie wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Seine Hypothese ist sehr interessant. Es fehlt ihr für viele allerdings etwas die kausale Plausibilität mit materiellem Zusammenhang und Forschungsvorhaben, seinen Ansatz zu bestätigen, stehen im Prinzip noch an. Zu einer Parallelität seines Ansatzes mit neueren quantenphysikalischen Hypothesen befragt, sah er darin weniger einen Zusammenhang, weil seine Resonanz ohne eine physikalische Verbindung stattfinde. Sein Vortrag enthielt nichts absolut Neues. Dennoch war ihm gut zuzuhören und die Struktur war gut. Er zeigt eine offene wissenschaftliche Haltung Themen gegenüber und
Ein kleiner Hinweis noch: Tagung „Transaktionsanalyse und Spiritualität“ in Kassel am 12./13. Oktober 2018. DGTA